Salzkammergut – Mit der neuen Ducati Panigale V2 erobert eine Supersportlerin mit spielerischer Leichtigkeit die Landstraße. Dank ihres neuen V2-Motors und 15 Kilogramm weniger Gewicht ist die „kleine“ Panigale wesentlich unkomplizierter zu fahren als ihre Vorgängerin. Bei einer Tour durch das Salzkammergut durfte ich mich persönlich davon überzeugen …
Nach dem Stadtteil Borgo Panigale benannte Ducati-Modelle sind in der Regel Supersportler, die sich am obersten Ende der technisch machbaren Leistungsskala bewegen. Von einer Generation zur nächsten werden immer wieder neue Performance-Rekorde aufgestellt.
Ganz anders verhält sich das bei der neuen Ducati Panigale V2. Die Leistung des neuen V2-Motors wurde gegenüber dem Vorgänger um 35 auf „nur“ noch 120 PS reduziert und auf desmodromische Ventilsteuerung gänzlich verzichtet. Reicht das aus, um auf der Landstraße richtigen Fahrspaß erleben zu können? Heribert, der Chef von Ducati Salzburg, gab mir die Gelegenheit auf diese Frage eine Antwort zu finden, indem er mir eine nagelneue Panigale V2 für einen Tag zur Verfügung stellte.
ITALIENISCHES DESIGN ZUM NIEDERKNIEN
Gleich auf den ersten Blick war ich vom Design der neuen Ducati V2 begeistert. Keine für diese Leistungsklasse ohnehin irrelevanten Winglets, wie bei der großen V4-Schwester, stören die wunderschönen Linien der Vollverkleidung. Ausdrucksstarke LED-Scheinwerfer mit darüberliegenden Tagfahrlicht verleihen ihr einen entschlossenen Blick. Das klassisches Ducati Red ist bei den Supersportlern von Ducati ohnehin obligatorisch. Dazu stellt die hochgezogene Auspuffanlage ein weiteres optisches Highlight dar, genauso wie das schlanke Heck mit den stylischen Luftdurchlässen und dem markanten LED-Rücklicht.
WIE FÄHRT SICH DIE NEUE DUCATI PANIGALE V2?
Schönheit ist bekanntlich nicht alles. Viel wichtiger ist, wie sich die V2-Pani fährt. Die Sitzposition ist auch für mich als nicht so geübten Racer mit einer Körpergröße von 178 Zentimetern durchaus angenehm. Die Lenkerstummel sind nicht zu tief angebracht, der Kniewinkel fällt sportlich, aber nicht unangenehm aus.
Nach dem Start bei Ducati Salzburg in Anthering geht meine Tour auf kleinen Nebenstraßen los. Gleich auf den ersten Metern fällt mir die Handlichkeit der neuen Panigale V2 auf. Mit einem Leergewicht von gerade einmal 190 Kilogramm (vollgetankt) fällt sie um 15 Kilogramm leichter aus als ihre Vorgängerin. Die Handlichkeit geht erstaunlicherweise nicht zu Lasten der Fahrstabilität. Auch in langen, schnellen Kurven liegt die Italienerin satt auf der Straße und bleibt unbeirrt in der Spur. Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt erreiche ich den Mondsee und damit das erste landschaftliche Highlight meiner Tour durch das Salzkammergut.
GESCHMEIDIGER V2-MOTOR FÜR UNBESCHWERTEN FAHRSPASS
Der neue V2 ist mit 54,4 Kilogramm der leichteste Zweizylinder-Motor, der jemals in Bologna gebaut wurde. Er wiegt um ganze 9,4 Kilogramm weniger als der Superquadro-Motor der Vorgängerin. In der Panigale V2 leistet das neue 890 cm³-Triebwerk 120 PS bei 10.750 U/min. Das maximale Drehmoment von 93,3 Nm liegt bei 8.250 U/min an. Dank der variablen Ventilsteuerung verfügt der 90°-V-Twin über eine sehr flache Drehmomentkurve. Bereits bei 3000 U/min stehen mehr als 70 Prozent des maximalen Drehmoments zur Verfügung, was sich beim Fahren äußerst positiv bemerkbar macht.
Selbst in den in Salzburg so „beliebten“ 30er-Zohnen lässt sich die kleine Panigale im ersten oder zweiten Gang zwischen 3000 und 4000 vollkommen ruckelfrei fahren. In den vielen Ortschaften im Salzkammergut zeigt sich der V2 im vierten Gang derart geschmeidig, dass ein Dahingleiten mit 50 km/h bei 2.700 U/min problemlos möglich ist. Kein Vergleich zur Vorgängerin, die sich in solchen Alltagssituationen wesentlich unwilliger zeigte.
Nach dem Ortsschild beschleunigt der neue V2 beeindruckend von unten heraus. Butterweich lassen sich die Gänge mit dem serienmäßigen Quickshifter durchschalten. Nach kurzer Fahrt entlang des Attersee-Südufers erreiche ich Steinbach am Attersee. Dort biege ich rechts ab in Richtung Traunsee. In nachfolgendem Video könnt ihr mich bei meiner Fahrt auf der Großalmstraße begleiten.
Da sich das Testfahrzeug noch in der Einfahrphase befindet, beschleunige ich nur kurzzeitig über 6.000 U/min. Da brüllt der V2 dann richtig los und es stellt sich echter Fahrspaß ein. Ein kleines Manko ist der Sound. Der ist zwar bereits ab Leerlaufdrehzahl deutlich hörbar, aber nicht mit dem sonoren Brabbeln meiner eigenen Monster 821, Baujahr 2015, zu vergleichen (Link zum Testbericht). Er klingt ein wenig blechern. Hier zeigt sich ganz deutlich, wie negativ sich die immer strengeren Abgasnormen in den letzten 10 Jahren auf das Sounderlebnis ausgewirkt haben.
BEREITS STANDARD-FAHRWERK VOLL EINSTELLBAR
Das voll einstellbare Fahrwerk ist mit einer 43 mm-Marzocchi-USD-Gabel und einem Kayaba-Federbein ausgestattet. Für mich mit meinen 75 Kilogramm „fahrfertig“ hat sich schon das Standard-Setup sehr ausgewogen angefühlt – keinerlei Aufschaukeln bei Unebenheiten in langgezogenen Kurven und auch nicht unkomfortabel hart. Der Aufpreis für die S-Version mit dem noch feiner justierbaren Öhlins-Fahrwerk würde sich für mich rein technisch nicht auszahlen. Optisch ist die feine goldfarbene Fahrwerksware natürlich schon ein Statement.
Die neue Zweiarmschwinge ist aus einer speziellen Aluminiumlegierung gefertigt, die eine leichte Bauweise ermöglicht und im Vergleich zur früheren Einarmschwinge deutliche Vorteile im Fahrverhalten bringt.
VOM TRAUNSEE NACH BAD ISCHL
Mittlerweile habe ich den Scheitel der Großalmstraße auf 829 Metern Seehöhe erreicht. Auch bergab in Richtung Traunsee erwiesen sich die Brembo-Bremsen als gut dosierbar. Die Bremskraft baut sich sehr gleichmäßig auf – M50 4-Kolben-Bremszangen packen kräftig zu, ohne die beiden 320-mm-Scheiben übermäßig brachial zu verzögern. Am Traunsee angekommen erreiche ich Altmünster und fahre weiter Richtung Bad Ischl.
Das 5-Zoll TFT-Farbdisplay im Format 16:9 lässt sich auch bei wechselnden Lichtverhältnissen stets gut ablesen. Bei der Anzeige kann ich aus unterschiedlichen Layouts wählen, die an den jeweiligen Einsatzzweck angepasst sind. Die Funktionen lassen sich unkompliziert und weitgehend intuitiv über die Bedieneinheit links am Lenker einstellen. Praktische Hinweise im Display geben Auskunft, wie man in welches Menü gelangt. Die vier Fahrmodi Race, Sport, Road und Wet sind über eine eigene Taste auszuwählen und neben der Werkseinstellung auch vollkommen frei konfigurierbar. Nach einem kurzen Verweilen in der Kaiserstadt Bad Ischl geht es vorbei am Wolfgang- und Fuschlsee über Hof bei Salzburg zurück zu Ducati Salzburg.
ARMIN ON BIKE CONCLUSIO
Ist Bologna mit dem „Downsizing“ des V2 der große Wurf gelungen? Definitiv, ja. Von Performance-Einbußen kann ohnehin nur am obersten Ende der Leistungskurve gesprochen werden, die im Normalfall nur auf der Rennstrecke zur Geltung kommen. Und ganz ehrlich gesagt, ich würde meiner Panigale V2 die Rennstrecke nicht antun – dafür ist die V4-Fraktion wesentlich besser geeignet, die sich von Generation zu Generation immer mehr Richtung Rennsport bewegt.
Mit der Neuen gewinnt man sehr viel an Alltagstauglichkeit und spielerischer Leichtigkeit. Die Panigale V2 ist wie für die Landstraße gemacht und fühlt sich auch in der Stadt wohl. Für den Durchschnittsfahrer ist sie gegenüber der Vorgängerin wesentlich leichter zu beherrschen. Die Leistungsreduktion am Papier von 35 PS war ein mutiger Schritt von Ducati, aber genau der richtige, um das Motorrad für eine breitere Zielgruppe attraktiv zu machen.
Die Ducati Panigale V2 startet in Österreich bei 19.795 Euro (Aufpreis S-Version: 2.700 Euro). In Deutschland geht es bei 16.390 Euro zzgl. Liefernebenkosten los. (Aufpreis S-Version: 2.500 Euro). Ganz wie es sich für eine Audi-Tochter gehört, gibt es dazu noch eine umfangreiche Aufpreisliste. In Deutschland gibt es die praktische Möglichkeit, die gewünschten Extras und die zum Motorrad passende Bekleidung über den Ducati-Konfigurator online auszuwählen.
Die Google-Maps-Karte zeigt meine äußerst empfehlenswerte Genusstour durch das Salzkammergut (Link zur Karte). Am Weg gibt es vieles zu entdecken: Fünf malerische Seen und die Kaiserstadt Bad Ischl. Wer möchte, kann am Nordufer des Traunsees auch die Stadt Gmunden mit dem berühmten Seeschloss Ort besuchen. Von Strobl am Wolfgangsee aus ist für Motorradfahrer die Postalmstraße eine besonders empfehlenswerte Option.
18.08.2025 | Text, Fotos und Video: Armin Hoyer


















