20. Januar 2025 Armin Hoyer

Mit dem noblen Allrad auf die Alm | Porsche Macan 4 Electric im Wintertest

Porsche Macan 4 Electric am Fuße der Lärchfilzhochalm in den Kitzbüheler Alpen.

Kitzbüheler Alpen | Tirol – Mit dem neuen Porsche Macan Electric erneuert der Sportwagenhersteller sein Erfolgsmodell und setzt dabei ausschließlich auf Elektroantrieb. Wie sich der sportliche Mittelklasse-SUV bei winterlichen Fahrverhältnissen schlägt und was er sonst noch zu bieten hat, zeigte ein Test im verschneiten Tirol …

Der im deutschen Leipzig gefertigte Porsche Macan 4 Electric ist das Allrad-Basismodell der Baureihe. Nach zehn Jahren mit konventionellen Antrieben setzt der Stuttgarter Autobauer bei der Neuauflage seines Mittelklasse-SUV voll und ganz auf elektrischen Antrieb. Mit der flacheren Motorhaube und den markanten Kotflügeln wirkt das Design des neuen Porsche Macan noch dynamischer als beim Vorgänger. Die coupéartig Dachlinie geht in eine flachere Heckscheibe über und unterstreicht damit die sportliche Linienführung.

Das Testfahrzeug ist in durchgehendes Schwarz gehüllt. Sofort fallen die lackierten 21-Zoll-Leichtmetallräder mit glanzgedrehten Stirnflächen ins Auge – darauf montiert ist Mischbereifung mit den Dimensionen 255/45 vorne und 295/40 hinten. Weitere Details wie die abgedunkelten Matrix-LED-Hauptscheinwerfer, schwarze Seitenscheibenleisten und die Aluminium-Dachreling im gleichen Farbton unterstreichen den dunklen Look. Porsche Austria stellte mir den Porsche Macan 4 Electric mit umfangreicher Zusatzausstattung für diesen Test zur Verfügung gestellt. Die treffende Bezeichnung der dunklen Lackierung lautet „Tiefschwarz Metallic“.

HIGHTECH-ALLRAD ÜBERZEUGT AUF EIS UND SCHNEE

Der winterliche Test führte mich von Fieberbrunn aus hinauf in Richtung Lärchfilzhochalm. Vorbei am Bauernhof Niederfilzboden ging es auf der mit Eis und Schnee bedeckten Straße zum Teil steil bergauf. Der Allradantrieb des Porsche Macan 4 Electric ist mit einer elektronischen Traktionssteuerung ausgestattet, die fünf Mal schneller regelt als bei einem konventionellen Allradsystem. Weiters reagiert die Elektronik innerhalb von nur zehn Millisekunden auf Schlupf. Diese Hightech-Features stellte der E-SUV bei der Fahrt auf glattem Untergrund eindrucksvoll unter Beweis. Völlig unbeeindruckt ging es bergauf, nichts zu spüren von den winterlichen Fahrbedingungen. Auch zügiges Beschleunigen aus einer Kehre heraus, brachte keinerlei Probleme mit sich. Der Porsche Macan 4 Electric blieb exakt in der Spur, nahezu so als würde ich auf trockenem Asphalt unterwegs sein. Die Bergfahrt endete beim darauffolgenden Bauernhof, der auch ein beliebter Ausgangspunkt für Skitouren ist. Ab dort ist die Straße im Winter nicht mehr befahrbar.

KOMFORTABLES FAHREN MIT EINER EXTRAPORTION SPORTLICHKEIT

Nicht nur optisch geht der Porsche Macan 4 Electric als Sportler durch. Der auf der gemeinsam mit Audi entwickelten Premium Plattform Electric (PPE) basierende Mittelklasse-SUV verfügt über eine Systemleistung von 300 kW (408 PS). Diese wird von zwei permanenterregten Synchronmotoren hecklastig auf die beiden Achsen verteilt. Der vordere Motor leistet 175 kW, hinten sind es 280 kW. Das maximale Drehmoment beträgt 650 Nm. Damit lässt sich der 4,8 Meter lange und 2,4 Tonnen schwere Stromer in 5,2 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen. Erst bei 220 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht.

Die Luftfederung des Porsche Macan 4 Electric ermöglicht fünf unterschiedliche Fahrzeugniveaus – von ganz hoch für den Offroad-Einsatz bis hin zu ganz tief im Fahrmodus „Sport Plus“. Dazu kommt die elektronische Dämpferregelung mit Zweiventil-Technik, die eine noch größere Bandbreite an Einstellmöglichkeiten zwischen Komfort und Performance ermöglicht. Im Fahrmodus „Normal“ konnte ich damit extrem komfortabel dahingleiten oder besser gesagt dahinschweben. Am Weg zum Ladestopp in Mittersill kamen mir dann aber die Kehren auf der Pass-Thurn-Straße gerade recht, um den Fahrmodus „Sport Plus“ zu testen. Das Fahrwerk ermöglichte mir dabei Kurvengeschwindigkeiten, die eher einem Sportwagen als einem SUV gerecht werden. Darüber hinaus bescherte mir die direkte Lenkung und der gegenüber dem Vorgänger 140 Millimeter tiefere Schwerpunkt pures Fahrvergnügen.

DEZENTER UND QUALITATIV HOCHWERTIGER INNENRAUM

Nach dem Entriegeln der Türen mittels Funkfernbedienung – kontaktloser Zugang ist nur optional erhältlich – und Platznehmen in einem optimal geformten Komfortsitz bemerkte ich sofort den feinen Ledergeruch. Nahezu alle Bauteile, mit denen man in Berührung kommen kann, sind mit Glattleder bezogen. Vor mir befinden sich die drei klassischen Rundinstrumente, digital dargestellt von einem gebogenen 12,6-Zoll-Display. Die Anzeigen und Farben des oben offenen Kombiinstruments können individuell angepasst werden. Das auf der Oberseite mit Leder bezogene Armaturenbrett wird optisch durch eine schwarz glänzende Front bestimmt. Mittig befindet sich das 10,9 Zoll große Zentral-Display, über das Informationen abgerufen und Einstellungen vorgenommen werden können. Optional verfügbar sind ein 10,9-Zoll-Beifahrerdisplay sowie ein Head-up Display mit Augumented-Reality-Technologie.

Die klassische, analoge Stoppuhr des Sport Chrono Pakets darf auch im Elektrozeitalter nicht fehlen. Mit dieser nahezu obligatorischen Zusatzausstattung holt man sich auch den zusätzlichen Fahrmodus „Sport Plus“ mit an Bord, der alle Einstellungen auf höchstmögliche Fahrperformance trimmt.

Durch die nach vorne hin ansteigende Mittelkonsole fühlte ich mich sportlich tief in das Fahrzeug integriert, womit zusätzliches Sportwagen-Feeling aufkam. In die Konsole integriert ist auch die Regelung der Klimaanlage, die mit einem Mix an digitalen und analogen Bedienteilen gesteuert wird. Im davor angebrachten Fach konnte ich mein Smartphone induktiv aufladen. Dahinter und darunter befinden sich die Becherhalter und weitere Ablagen. Das LED-Lichtband der dezenten Ambientebeleuchtung zieht sich von den Türen über das Cockpit bis hin zur Mittelkonsole und gibt auch Informationen zur jeweiligen Fahrsituation. Das Platzangebot im Innenraum ist gegenüber dem Vorgänger noch großzügiger geworden. Die Passagiere sitzen jetzt etwas tiefer und die Beinfreiheit im Fond wurde durch den knapp neun Zentimeter längeren Radstand weiter erhöht.

Das Bose Sound-System beschallt den Innenraum mit beeindruckendem Raumklang. Mit einer Gesamtleistung von 710 Watt bescherten mir die 14 Lautsprecher inklusive Subwoofer höchsten Hörgenuss. Wer das noch toppen möchte, kann sich für eine Burmester High-End-Anlage mit einer Gesamtleistung von 1.470 Watt und 21 einzeln angesteuerten Lautsprechern entscheiden.

Vorne verfügt der Porsche Macan 4 Electric über einen sogenannten Frunk. Die Motorhaube öffnet auf Knopfdruck automatisch und gibt 84 Liter Stauraum frei. Das reicht nicht nur für ein Ladekabel, auch kleines Gepäck findet hier ausreichend Platz. Unter der weit nach oben schwenkenden Heckklappe befindet sich ein Kofferraum mit 540 Litern Stauraum, der durch Umklappen der Rücksitzbang auf 1.348 Liter erweitert werden kann. Der Macan verfügt über eine ausklappbare Anhängerkupplung. Die maximale Anhängerlast von 2.000 Kilogramm eröffnet zusätzliche Transportmöglichkeiten.

KOMFORTABLE REICHWEITE AUCH IM WINTER

Bei Temperaturen zwischen –7 °C und dem Gefrierpunkt verbrauchte der Porsche Macan 4 Electric auf der Landstraße und durch kleine Ortschaften im Schnitt 22 kWh/100 km. Dank des großen Akkus mit einer Nettokapazität von 96 kW ist damit auch im Winter eine komfortable Reichweite von gut 400 Kilometern möglich.

Um die Schnellladefähigkeit von bis zu 270 kW testen zu können, steuerte ich den neuen 400-kW-Schnellladestandort von Smatrics EnbW am Billa Plus-Parkplatz in Mittersill an. Beim Start in Fieberbrunn zeigte das Navigationssystem eine Entfernung von 48 Kilometern an. Die Ladeplanung prognostizierte 13 Prozent Restakkustand am Ziel. So fuhr ich über St. Johann in Tirol nach Kitzbühel.

Nach einem kurzen Abstecher in das Stadtzentrum von Kitzbühel ging es über den Pass Thurn weiter nach Mittersill. Beim Einbiegen in den Parkplatz mit den Ladestationen prognostizierte der Macan einen Akkustand von acht Prozent am Ziel. Tatsächlich waren aber 16 Prozent im Akku, also doppelt so viel wie vorhergesagt. Auch die angezeigte Restreichweite von nur 27 Kilometern schien bei dem Akkustand nicht realistisch, weil sie eine Gesamtreichweite von lediglich 170 Kilometern bedeutet hätte.

LADESÄULEN-PERFORMANCE HALBIERT LADEGESCHWINDIGKEIT

Ich startete den Ladevorgang bei einer Außentemperatur von –1,5 °C. Aufgrund der langen Anfahrt zur Ladestation mit Zielführung im Navigationssystem sollte die Vorkonditionierung des Akkus bereits abgeschlossen gewesen sein. Eine Information dazu wird nicht angezeigt. Auch ein manuelles Starten der Akkutemperierung ist nicht möglich. Bei 48 Prozent SoC erreichte ich eine maximale Ladeleistung von 135 kW – exakt die Hälfte der Werksangabe. Laut Auskunft eines Experten des Ladeanbieters Smatrics lag das daran, dass die Ladesäule nicht die vollen 800 V zur Verfügung stellen konnte, sondern nur rund 690 V. Das wiederum lag mit großer Wahrscheinlichkeit an einer hohen Auslastung des Ladeparks.

Erkennt die Ladeelektronik des Porsche Macan 4 Electric, dass weniger als 800 V zur Verfügung stehen, wird die 800-V-Batterie durch einen Hochvolt-Schalter in zwei Batterien mit je 400 Volt Nennspannung geteilt und mit maximal 135 kW geladen. So dauerte es 32:48 Minuten bis der E-SUV von 16 auf 80 Prozent aufgeladen hatte. 64,4 kWh flossen in der Zeit in den Akku. Mit Wechselstrom erreicht der Stromer eine maximale Ladeleistung von 11 kW.

ARMIN ELECTRIC CONCLUSIO

Die Neuauflage des Porsche Macan wirkt vom Design her deutlich moderner als sein Vorgänger, ist dabei aber immer noch eindeutig als kleiner Porsche-SUV zu erkennen. Technisch ist der neue Porsche Macan 4 Electric durch den Umstieg auf Elektroantrieb eine komplette Neuentwicklung. Auf konventionelle Antriebe wird vollkommen verzichtet. Es wird sich zeigen, wie der Markt auf die fehlende Wahlmöglichkeit reagieren wird.

Die Fahrleistungen sind ein optimaler Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Alltagsnutzen. Sowohl die gute Beschleunigung als auch der kräftige Durchzug können voll ausgeschöpft werden, ohne dabei brachial zu wirken. Diese Aufgabe ist dem Macan Turbo vorbehalten, zum sportlichen Vorankommen im Alltag aber keinesfalls erforderlich. Das Fahrwerk ist über jeden Zweifel erhaben. Durch die große Bandbreite an Einstellmöglichkeiten ist von sanftem Dahingleiten bis zu sportlichem Kurvenräubern alles möglich.

Der vergleichsweise niedrige Verbrauch ist durchaus positiv zu bewerten. In Verbindung mit dem großen Akku braucht man sich über das Thema Reichweite in der Regel keine Gedanken machen. Das Thema Ladeleistung sehe ich hingegen etwas differenzierter: Zwar bietet die 800-V-Technologie eine maximale Ladeleistung von 270 kW. Wie der Test gezeigt hat aber nur dann, wenn die Ladesäule maximale Performance liefert. Ist das nicht der Fall, wird die Ladeleistung nicht nur leicht reduziert, sondern gleich halbiert. Wie meine bisherige Erfahrung gezeigt hat, laden Elektroautos mit 400-V-Technologie unter ähnlichen Umständen zum Teil schneller.

Wie man es von Porsche gewohnt ist, ist die Aufpreisliste lang. Bei allem Verständnis für die gebotenen Individualisierungsmöglichkeiten sollten zumindest ein schlüsselloser Zugang und eine elektrische Heckklappe in jedem Fall serienmäßig mit an Bord sein. Beides ließ das Testfahrzeug im Alltag schmerzlich vermissen. Der allradgetriebene Porsche Macan 4 Electric startet in Österreich vor Abzug der E-Mobilitätsförderung bei 86.761 Euro. Der Preis des Testfahrzeugs beträgt 106.814 Euro und ist für einen Porsche durchaus ein attraktives Angebot.

20.01.2025 | Text und Fotos: Armin Hoyer – arminelectric.com

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