10. März 2023 Armin Hoyer

Mit dem Porsche auf die Streif | Neuauflage des eBike Cross in Kitzbühel getestet

Armin on Porsche eBike Cross | Photo: Armin Hoyer

Kitzbühel | Tirol – Rechtzeitig zur neuen MTB-Saison verpasste die Porsche Lifestyle Group ihrem eBike Cross ein Upgrade, das die Geländetauglichkeit erhöht. Damit ist jetzt auch eine klarere Abgrenzung zur Straßenversion „Sport“ gegeben. Ich durfte die Neuauflage des E-Bikes aus dem Hause Porsche schon im vergangenen Sommer für euch testen…

Die Porsche Lifestyle GmbH & Co. KG wurde vor 20 Jahren von der Porsche AG Stuttgart und der Porsche Design Management GmbH Salzburg gegründet, um das Potential des Namens Porsche auch in Bereichen jenseits der Fahrzeuge zu nutzen. Seit 2017 ist sie eine 100-Prozent-Tochter der Porsche AG. Die Porsche eBikes wurden in Zusammenarbeit mit der E-Bike-Schmiede Rotwild, einer Marke des deutschen Ingenieurbüros ADP Engineering GmbH, entwickelt. Das Studio F. A. Porsche mit Firmenzentrale in Zell am See steuerte das von der Linienführung des Porsche Taycan inspirierte Rahmendesign bei.

Im vergangenen Sommer erhielt ich bereits vor der offiziellen Präsentation die Möglichkeit, die zweite Generation des Porsche eBike Cross zu testen. Ich wollte herausfinden, ob das Designerstück auch für richtigen Geländeeinsatz geeignet ist. Dazu wurde mir das E-Bike im August mit einer Spedition direkt nach Hause geliefert. Das Rad war in einen Karton verpackt, die wichtigsten Teile mit weichem Styropor geschützt. Nach wenigen Handgriffen, wie dem Montieren der Pedale und der Einstellung des Lenkers waren wir startbereit. Der Akku war bereits geladen.

ÜBER DIE STREIF AUF DEN HAHNENKAMM

Um einen möglichst guten Gesamteindruck zu erhalten, testete ich das Porsche eBike Cross in unterschiedlichstem Terrain. Von Trails mit Steilkurven, Jumps und schnellen Richtungswechseln über steile, steinige Waldwege bis hin zu Schotterwegen war alles dabei. Beim Pendeln ins Büro gehörten auch Asphaltstraßen dazu. Die Sitzposition am Bike ist moderat sportlich und damit sowohl für längere Fahrten in der Ebene als auch für Anstiege und Abfahrten gut geeignet. Den zweiwöchigen Test begann ich dort, wo jährlich Ende Jänner die weltbesten Downhill-Cracks beim Hahnenkamm-Rennen auf Skiern herunterrasen: auf der Streif. Ich befuhr die berühmte Rennstrecke jedoch in der Gegenrichtung, also bergauf.

Das Porsche-Bike ist mit dem Shimano EP8 E-Bike-System mit einer Leistung von 250 Watt und einem maximalen Drehmoment von 85 Nm ausgestattet. Die Antriebseinheit verstärkt die eigenen Pedalkräfte sehr gleichmäßig. Dies vermittelte mir ein natürliches Fahrgefühl, das besonders beim Losfahren und an technisch schwierigeren Anstiegen von Vorteil war. Durch Umschalten zwischen den drei Modi Eco, Trail und Boost links am Lenker konnte ich die Intensität der Unterstützung passend dosieren. Energiespender für den E-Motor ist ein Lithium-Ionen-Akku mit 630 Wh. Die mechanische Shimano XT 12-fach-Schaltung funktionierte einwandfrei und sorgte für sanfte Gangwechsel. Sowohl die Antriebseinheit als auch die Batterie sind optisch unauffällig in den vollgefederten Carbon-Rahmen integriert und fügen sich damit gut in die Porsche-Design-Linie ein.

Gestartet im Zentrum von Kitzbühel, legte ich die ersten Kilometer auf der Strecke des legendären Hahnenkamm-MTB-Rennens zurück. Nach rund drei Kilometern bog ich rechts ab und erreichte knapp unter der Steilhangausfahrt die Streif. Nach dem Karussell bot sich mir ein wunderbarer Blick auf das beeindruckende Bergmassiv des Wilden Kaiser. Vor mir befand sich die Mausefalle, mit 85 Prozent Steigung der steilste Streckenabschnitt der Streif. Auf der Umfahrung konnte ich auch diese Schlüsselstelle bezwingen und schon bald den Blick direkt vom Starthaus auf die wohl schwierigste Ski-Downhill-Strecke der Welt genießen.

AM BIKE TRAIL HAHNENKAMM ZURÜCK NACH KITZBÜHEL

Für den Weg retour nach Kitzbühel wählte ich den Bike Trail Hahnenkamm. Dazu fuhr ich vom Starthaus der Streif entlang des Hahnenkamms noch ein Stück hinauf bis zur Ehrenbachhöhe auf 1.802 Metern Seehöhe. Auf einer Streckenlänge von 8,4 Kilometern und rund 1.000 Höhenmetern bergab bot der nicht allzu schwierige Flow-Trail optimale Bedingungen für das Porsche eBike Cross. Zu Beginn etwas steiler ging es dann in langgezogenen Schleifen über mehrere Wiesen talwärts. Im Wald wurde die Strecke etwas selektiver, ohne dabei das Bike zu überfordern. Die Bremsanlage Magura MT Trail Sport beißt vorne sehr kräftig zu. Das war zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig aber dann ein echter Hammer. Gut dosierbar und ohne großen Kraftaufwand hatte ich mit den 1-Finger-Bremshebeln immer optimale Bremswirkung zur Verfügung. Nach der Waldpassage bot sich mir ein großartiger Blick auf die Gamsstadt. Bald danach hatte ich auf der Mocking Wiese das Ende des Trails erreicht.

FAHRVERHALTEN NACH FAHRWERKSEINSTELLUNG TOP

Die ersten Offroad-Tests hatten gezeigt, dass das Standard-Setup des Fahrwerks für mich etwas zu hart ausgelegt war. Das merkte ich vor allem daran, dass die kleinen Schläge am Bike Trail Hahnenkamm und auf meiner Downhill-Hausstrecke vom Lärchfilzkogel in Fieberbrunn zu direkt bei mir ankamen und mir das Fahrverhalten dadurch etwas zu unruhig war. Mit etwas Finetuning, sprich Reduktion des Luftdrucks in den Dämpfern, bekam ich das jedoch sehr gut in den Griff.

Als erstes Upgrade gegenüber dem Vorgänger kommt beim neuen eBike Cross die mattschwarze Fox Trail-Gabel Fox Trail-Gabel 34 Float Performance 29 mit 120 Millimeter Federweg zum Einsatz. Ein Luftdruck von 85 psi und 9 Klicks bei der Zugstufeneinstellung war für mich mit 77 Kilogramm Körpergewicht perfekt. Ich erreichte damit ein sehr ausgewogenes Fahrverhalten und einen maximalen Federweg von 98 Millimetern. Die Druckstufe konnte ich während der Fahrt mittels 3-Wege-Hebel direkt am Gabelholm einstellen und so das Einfederungsverhalten an das jeweilige Gelände anpassen.

Auch beim Fox Float DPS-Dämpfer mit 50 Millimeter Hub verringerte ich den voreingestellten Luftdruck auf 130 psi. Bei der Zugstufe stellte ich 10 Klicks ein, den 3-Wege-Hebel für die Druckstufe fuhr ich immer in der offenen Position. Mit diesen Einstellungen erzielte ich einen Hub von 41 Millimetern und nutzte damit den Federweg nahezu optimal aus.

Für das Fahrverhalten ist auch der Reifendruck von großer Bedeutung. Das eBike Cross ist mit den 29 Zoll-Reifen Continental Cross King SheeldWall ausgestattet. Die Breite beträgt vorne 2,3 und hinten 2,2 Zoll. Mit 2,0 bar Luftdruck hatte ich vorne vor allem auf Schotter zu wenig Grip und insgesamt zu wenig Dämpfung verspürt. Mit 1,4 bar vorne und 1,8 bar hinten war dann aber schnell die richtige Einstellung für mich gefunden.

LAUFRAD-UPGRADE FÜR BESSERE OFFROAD-PERFORMANCE

Die bisherigen Laufräder waren mit ihren wenigen Doppelspeichen sicherlich ein optisches Statement, das zweifelsohne gut zu Porsche Design passte. Geht es jedoch um Stabilität und Einsatz im Gelände, ist der jetzt eingesetzte Crankbrothers Synthesis Aluminium-Laufradsatz sicherlich die bessere Wahl. Unterschiedliche Speichenspannungen am vorderen und hinteren Laufrad sorgen zudem für mehr Komfort und Kontrolle an der Front und erhöhte Steifigkeit am Heck. Die breiteren Felgen geben den Reifen auch bei niedrigerem Reifendruck einen besseren Halt.

APPS FÜR UMFANGREICHE ANALYSEN

Mit dem EP8-Antrieb ist es möglich, alle wesentlichen Fahrdaten und Verläufe von Touren über die Shimano-App „E-Tube Ride“ am Smartphone aufzuzeichnen und abzurufen (siehe Screenshot 1 und 2). Einzig und allein die Anzeige der zurückgelegten Höhenmeter ist mir dabei abgegangen. Diese konnte ich mit Strava und Komoot ermitteln. Das sind zwei Apps, die ich auch sonst für sportliche Aktivitäten nutze (Screenshot 3 und 4). Durch Übertragung der Fahrraddaten auf das webbasierte Shimano Connect Lab können am Computer noch weitreichendere Analysen durchgeführt werden. Mit der weiteren Shimano-App „E-Tube Project“ lassen sich die drei Modi Eco, Trail und Boost hinsichtlich Drehmoment und Ansprechverhalten individuell anpassen. Schön wäre es, wenn Shimano alle Funktionen in einer App zusammenfassen würde.

REICHWEITE IN DER PRAXIS

Wie bei allen getesteten Elektrofahrzeugen möchte ich auch bei dem E-Bike auf das Thema Reichweite eingehen. Laut dem zentral angebrachten, 1,6 Zoll großen LCD-Display betrug diese bei vollem Akku zwischen 59 (Boost) und 178 Kilometern (Eco). In der Praxis zeigten sich folgende Werte: Für das Pendeln von St. Jakob in Haus in mein Büro nach Kitzbühel und retour wählte ich Radwege und Nebenstraßen. Auf der 50 Kilometer langen Strecke verbrauchte ich laut Shimano-App 41 Prozent der Akkukapazität. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bei der Hinfahrt betrug 24,9 km/h, bei der Rückfahrt 21,8 km/h. Zwei Drittel der Strecke fuhr ich im Eco-Modus. Um nicht verschwitzt im Büro bzw. am Abend zu Hause anzukommen, nutzte ich bergauf den Trail-Modus. Bei vollgeladenem Akku sind auf der Straße 120 Kilometer mit einigen Höhenmeter möglich.

Meine MTB-Hausstrecke von Fieberbrunn hinauf zur Wildalm und weiter auf den Lärchfilzkogel verläuft bergauf über Schotterstraßen und unbefestigte Wege. Bergab geht sie über Waldwege und den Schweinestberg Trail. Den größten Teil der Strecke fuhr ich im Eco-Modus (77 Prozent). Auf 29 Kilometern und 992 Höhenmetern verbrauchte ich so 43 Prozent der Akkukapazität (siehe Screenshots). Ein sehr praxistauglicher Wert, da dadurch auch längere MTB-Touren mit über 2.000 Höhenmetern möglich sind. Ein vollkommen leerer Akku hat nach rund fünf Stunden an der Steckdose wieder 100 Prozent SoC erreicht. Die Ladung kann im ein- oder ausgebauten Zustand erfolgen.

ARMIN ELECTRIC CONCLUSIO

Das Porsche eBike Cross ist nicht nur ein Designerstück, das gut ins Wohnzimmer oder vor ein schickes Café passt, sondern auch ein sportliches Fully, das sich im mittelschweren Gelände oder Trails gut zurechtfindet. Für extremes Gelände ist das E-Bike aufgrund des moderaten Federwegs und der hohen Überstandshöhe nicht ausgelegt, ansonsten aber ein echter Allrounder. Das hat es sowohl am Weg ins Büro nach Kitzbühel als auch beim rasanten Downhill vom Lärchfilzkogel in Fieberbrunn bewiesen. Insgesamt legte ich knapp 200 Kilometer damit zurück. Die Reichweite war mit dem 625 Wh-Akku stets vollkommen ausreichend.

Preislich wurde die zweite Generation des eBike Cross um knapp 1.000 Euro angehoben und kostet jetzt in Österreich und Deutschland 8.900 Euro. Die Erhöhung ist aufgrund des Upgrades und der allgemeinen Preissteigerungen durchaus vertretbar. Das neue Elektro-Fully ist bereits im Online-Shop von Porsche bestellbar und wird von einer Spedition direkt vor die Haustüre geliefert. Alternativ kann das Bike auch direkt über eines der Porsche Zentren erworben werden.

Text und Fotos: Armin Hoyer – arminelectric.com

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