21. Januar 2021 Armin Hoyer

Fiat 500 Elektro | Mit dem kleinen E-Flitzer unterwegs im winterlichen Tirol

Armin in Fiat 500 Electric | Photo: Armin Hoyer - arminonbike.com

St. Johann in Tirol – Fiat präsentiert mit dem „New 500“ das erste rein elektrisch angetriebene Fahrzeug der Marke und folgt damit dem aktuellen Technologietrend. Gerade erst bei den Händlern eingetroffen, bekam ich die Gelegenheit, den Fiat 500 Elektro in der Topversion „Icon“ ein Wochenende lang zu testen…

Am Freitagnachmittag durfte ich den brandneuen Fiat 500 Elektro in der Pastell-Lackierung „Onyx Black“ mit gerade mal 777 Kilometern am Tacho beim Autohaus Seiwald in St. Johann in Tirol abholen. Neben Fiat bietet das Unternehmen Autos der Marke Toyota und Zweiräder von Ducati und Piaggio an. Nach einer kurzen Erklärung vom Chef persönlich ging es auch schon los mit dem dreitürigen Hatchback. Die Verbindung mit dem Smartphone über Bluetooth verlief problemlos, abgelegt in der Mittelablage wurde dieses automatisch induktiv geladen. Sehr praktisch, da man im Auto nie mehr mit einem Ladekabel hantieren muss.

Zuhause im Pillerseetal kam ich mit 83 Prozent Akkuladung an. Bei minus 3 Grad steckte ich das serienmäßige Mode 2-Netzladekabel für die Haushaltssteckdose auf der Terrasse an, um es dann mit der Ladebuchse des Autos zu verbinden. Bei tieferen Temperaturen ist es ratsam, den Akku gleich nach der Fahrt zu laden, da eine noch warme Batterie mehr Energie aufnehmen kann. Bis zur Vollladung wurde auf der Instrumententafel eine Dauer von 6:33 Stunden angezeigt, tatsächlich war der Akku aber bereits nach 5:20 Stunden zu 100 Prozent geladen und bereit für den Test am nächsten Tag.

TESTFAHRT IM ANGESICHT DES WILDEN KAISER

In der Früh ging es nach Kitzbühel und dann zurück nach St. Johann in Tirol. Das Fahrwerk des 500 Elektro ist straff abgestimmt und auch die Fahrleistungen verleihen ihm ein gewisses Maß an Sportlichkeit. Der Elektromotor leistet 87 kW/118 PS. Ab der ersten Motorumdrehung steht ein Drehmoment von 220 Nm zur Verfügung, das den 1.290 Kilogramm schweren Wagen in 3,1 Sekunden auf 50 km/h beschleunigt. Auch der Durchzug beeindruckt in jeder Lebenslage.

Am Abend testete ich mit dem optional verfügbaren dreiphasigen Mode 3-Ladekabel das Laden an einer Typ 2-Ladestation, mit dem eine Ladeleitung bis 11 kW möglich ist. In Kirchdorf in Tirol ist dies am Dorfplatz kostenlos möglich. Bei minus 6 Grad prognostizierte der Wagen bei einem Akkustand von 37 Prozent eine Ladedauer von 4:45 Stunden bis zur Vollladung. Bei solch tiefen Temperaturen verlangsamt sich der elektrochemische Prozess im Lithium-Ionen-Akku. Daher lag die Ladeleistung deutlich unter 11 kW. Aufgrund der großen Kälte und der in Zeiten wie diesen nicht vorhandenen Möglichkeit mich irgendwo aufzuwärmen, brach ich den Ladevorgang nach kurzer Zeit ab, um zu Hause über Nacht zu laden.

Dort angekommen zeigte das Thermometer um 19:00 Uhr bereits minus 9 Grad. Der Akku war bei 27 Prozent und die prognostizierte Dauer bis zur Vollladung lag bei 22:32 Stunden. Keine guten Aussichten, da ich am nächsten Vormittag mit möglichst vollem Akku wieder losfahren wollte. Zu meiner positiven Überraschung war der Akku aber am nächsten Tag um 10:00 Uhr wieder zu 90 Prozent geladen und so konnte es direkt Richtung Innsbruck losgehen. Bei niedrigen Temperaturen ist es zu empfehlen, bis unmittelbar vor dem Wegfahren zu laden, da ein noch warmer Akku leistungsfähiger ist. Idealerweise hat man auch die Klimatisierung des Fahrzeugs während des Ladevorgangs vorprogrammiert, um nicht beim Wegfahren Akkukapazität für die Erwärmung des Fahrgastraumes zu benötigen.

TECHNISCHE RAFFINESSEN IM SCHICKEN DESIGN

Bereits beim Einsteigen ohne Schlüssel – dieser muss nur mitgeführt werden – bemerkt man den technologischen Fortschritt an den elektronischen Softtouch-Türöffnern. Auch von innen wird die Türe auf Knopfdruck entriegelt. Am elegant geschwungenen Armaturenbrett thront mittig ein 10,25“ großes TFT-Touchscreen-Display, von dem aus alle wichtigen Funktionen inklusive Apple Car Play bzw. Android Auto angezeigt und gesteuert werden. Die Lüftung kann zusätzlich auch mit den Tasten über der Mittelablage eingestellt werden. Die Voll-LED Scheinwerfer werden bei Gegenverkehr automatisch vom Fernlichtassistenten abgeblendet. Die 360° Einparkhilfe mit Drohnenansicht und die Rückfahrkamera erleichtern das Einparken sehr wirkungsvoll.

Es stehen drei Fahrmodi zur Auswahl. Im Modus „Normal“ fährt man wie mit einem Verbrennerfahrzeug mit Automatik. Mit „Range“ ist sogenanntes „One Pedal Driving“ möglich. Beim Loslassen des Fahrpedals wird dabei eine derartig starke Rekuperation ausgelöst, dass die damit einhergehende Verzögerung das Betätigen des Bremspedals ersetzt. Nach etwas Eingewöhnung ist dies sehr komfortabel und optimiert die Energierückgewinnung. Im Fahrmodus „Sherpa“ wird das gesamte System auf maximale Reichweite abgestimmt und dazu auch die Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h begrenzt.

In der getesteten Topversion „Icon“ ist mit dem optionalen Co-Driver Paket autonomes Fahren auf Level 2 erstmals in einem Kleinwagen verfügbar. Unter optimalen Bedingungen hält das Fahrzeug die Spur, beschleunigt und bremst selbstständig. Ich war schon sehr gespannt, dass System auszuprobieren. Und tatsächlich, solange die Leitlinie und Fahrbahnbegrenzung vorhanden und gut erkennbar sind, lenkt der Wagen wie von Geisterhand gesteuert und bleibt innerhalb der Fahrspur. Auch der eingestellte Abstand zum vorderen Fahrzeug wird vom Tempomat einwandfrei eingehalten. Geschwindigkeitsbegrenzungen werden erkannt und können auf Knopfdruck vom Tempomat übernommen werden. Sollte man sich fasziniert von der autonomen Fahrt des Fiat 500 verleiten lassen, das Lenkrad loszulassen, wird man nach wenigen Sekunden dazu ermahnt, die Hände wieder ans Steuer zu legen.

BESUCH DER LANDESHAUPTSTADT

Auf der Bundesstraße ging es nach Wörgl und von dort über die Autobahn bis nach Innsbruck. Bei Geschwindigkeiten von über 100 km/h stieg der Verbrauch überproportional an und lag schnell bei mehr als 20 kWh/100 km. Der Akku hatte in Innsbruck noch 21 Prozent. So war ein Laden vor der Rückfahrt unbedingt erforderlich. Eine gute Gelegenheit, die dritte und schnellste Lademöglichkeit zu testen. Im Stromtankstellenverzeichnis von GoingElectric fand ich die nächstgelegene Gleichstrom-Schnellladestation. Der Vorteil an diesem Verzeichnis ist, dass man schon in der Übersicht erkennt, wie schnell an der jeweiligen Station geladen werden kann. Alternativ zeigen diverse Apps wie auch die von Fiat den Weg.

HIGHSPEEDLADEN MIT GLEICHSTROM

Ich steuerte eine Stromtankstelle vom Anbieter Smatrics an. Beim elektrischen 500 sind mit Gleichstrom bis zu 85 kW Ladeleistung möglich. Zuerst wird das Fahrzeug mit dem Ladekabel der Schnellladestation mittels CCS-Stecker verbunden. Wenn man sich zuvor bei Smatrics auf der Website registriert hat, ist das Starten des Ladevorgangs einfach durch Scannen des QR-Codes der Station möglich. Die genutzte 350 kW-Zapfsäule lieferte in 28:30 Minuten 23,5kWh, was eine durchschnittliche Ladeleistung von 50 kW bedeutete. Prognostiziert wurde für die Ladung von 21 auf 80 Prozent eine Zeit von 34 Minuten. Bei einem Preis von 0,95 Euro/min war dieser Ladevorgang ein sehr teures Vergnügen.

WINTERLICHE TEMPERATUREN REDUZIEREN DIE REICHWEITE

Laut dem Prüfstandard WLTP erzielt der Fiat 500 Elektro mit dem 42 kW-Akku (37,3 kW netto nutzbar) eine Reichweite von 320 Kilometern. Beim Test betrug die Reichweite maximal 200 Kilometer bei einem Durchschnittsverbrauch von rund 18 kWh/100 km. Das ist damit zu erklären, dass alleine die Heizung bei tiefwinterlichen Temperaturen bis zu 5 kWh/100 km verbrauchen kann, also rund ein Drittel des normalen Durchschnittsverbrauchs des Fiats. Auch der Reichweitenrechner von EFAHRER.com kommt bei den bei meinem Test vorherrschenden Bedingungen auf diese stark reduzierte Reichweite.

ARMIN ON BIKE CONCLUSIO

Mit dem neuen 500 ist Fiat nicht nur wegen des Elektroantriebs ein großer technologischer Sprung gelungen. Es sind Features vorhanden, die man sonst nur in höheren Fahrzeugklassen erwartet. Außen wurde das Design behutsam modernisiert, innen ein vollkommen neues, elegantes Cockpit geschaffen. Ist man in Breiten mit strengen Wintern zu Hause, spielt der Reichweitenverlust bei tiefen Temperaturen eine wesentliche Rolle, er schränkt den Aktionsradius stark ein. Geladen werden kann zwar auch an der Haushaltssteckdose, eine Wallbox zum Typ 2-Laden in der eigenen Garage ist jedoch sehr empfehlenswert. Der Preis des Testwagens ist mit 34.000 Euro auch abzüglich der E-Mobilitätsförderung von 5.400 Euro nicht günstig, jedoch in Hinblick auf das Gebotene und das übliche Preisniveau bei Elektroautos angemessen.

Text und Fotos: Armin Hoyer – arminonbike.com

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