25. Juli 2023 Armin Hoyer

Toyota GR Yaris | Einer der letzten kompromisslosen Sportler seiner Art

Armin in the Toyota GR Yaris | Photo: Armin Hoyer

Fieberbrunn | Tirol – In Zeiten der Mobilitätswende, in denen nahezu alle Anstrengungen der Automobilindustrie in Richtung Elektrofahrzeuge gehen, ist der von der Rallye-Weltmeisterschaft inspirierte Toyota GR Yaris eine erfreuliche Ausnahmeerscheinung. Der Allradler ist aktuell das mit Abstand bedingungsloseste Sportgerät im Kleinwagensegment…

„Einsteigen und Spaß haben“ ist beim Toyota GR Yaris Programm. Dank Toyota Austria kam ich in den Genuss, dieses außergewöhnliche Fahrzeug knapp zwei Wochen lang in der schärferen High Performance-Version testen zu dürfen – in der Farbe „Emotional Red“, die nicht nur vom Namen her sehr gut dazu passte. Die Begegnung mit dem GR war auch deshalb etwas ganz Besonderes für mich, da ich im Automobilbereich in der Regel nur Elektrofahrzeuge teste. Bei dem kleinen Flitzer musste ich aber eine Ausnahme machen, zumal er als Nachfolger des legendären Lancia Delta Integrale gilt und es Autos dieser Art als Neufahrzeug mit allergrößter Wahrscheinlichkeit bald nicht mehr geben wird.

Der größte Autobauer der Welt ist normalerweise für seine eher vernunftbetonen Fahrzeuge bekannt. Beim GR Yaris ist das genaue Gegenteil der Fall. Kein geringerer als der Präsident der Toyota Motor Corporation, Akio Toyoda gab den Auftrag zur Entwicklung eines Serienfahrzeugs, bei dem die reine Performance im Vordergrund steht. Das Entwicklungsteam arbeitete dazu eng mit den Spezialisten von Tommi Mäkinen Racing zusammen, die auch für das erfolgreiche World Rally Car und die zahlreichen Erfolge von Toyota in der Rallye-WM verantwortlich zeichneten.

ALLES ANDERS, WENN „GR“ DRAUFSTEHT

Der GR Yaris, der ursprünglich als Homologationsmodell für die Rallye-WM vorgesehen war, mag zwar äußerlich gewisse Ähnlichkeiten mit dem Standard-Yaris haben, ist aber ein nahezu gänzlich anderes Auto. Die beiden Namensvetter haben lediglich Leuchten, Außenspiegel und Dachantenne gemeinsam. Der GR ist voll und ganz auf Leichtbau getrimmt. So sind zahlreiche Karosserieteile aus Aluminium gefertigt, das Dach sogar aus Kohlefaser. Als Basis für das Rallye-Fahrzeug ist er als Dreitürer konzipiert. Die Dachlinie verläuft am hinteren Ende um 95 Millimeter flacher als beim Standardmodell, um den Luftstrom zum Heckflügel des Wettbewerbsautos zu verbessern. Um die Verwindungssteifigkeit der Karosserie zu optimieren, wurde die Anzahl der Schweißpunkte erhöht und es kam eine wesentlich größere Menge hochmodernen Klebstoffs zum Einsatz.

HÖCHSTER FAHRGENUSS FÜR MOTORSPORTBEGEISTERTE

Ab 4.000 Touren zauberte mir der 1,6-Liter-Turbomotor mit seinem kernigen Sound jedes Mal ein breites Grinsen ins Gesicht. Der mit einem Mikrofon im Motorraum eingefangene Sound verstärkt dabei den Hörgenuss noch zusätzlich. Nach außen verhält sich der Sportler klangmäßig dezent zurückhaltend. Der Hochleistungs-Dreizylinder mit jeder Menge Rennsport-Technologie leistet 192 kW/261 PS und verfügt über ein maximales Drehmoment von 360 Newtonmetern. Damit ist er das leistungsstärkste Aggregat seiner Art und es geht in 5,5 Sekunden von Null auf 100 km/h.

Mit Hilfe des Einstellrads links hinter dem Schalthebel kann man die Motorleistung mittels drei unterschiedlicher Fahrmodi variabel auf die Vorder- und Hinterachse verteilen (siehe Fact Box unten) und damit den Allradantrieb auf den jeweiligen Einsatzzweck abstimmen . Was sich mit Hilfe der Top-Fahrwerkskomponenten auf die Straße zaubern lässt, ist einfach atemberaubend. Der GR Yaris saugt sich förmlich durch die Kurven. Er lässt sich bei straßenverkehrstauglicher Fahrweise auch in kurz aufeinander folgenden Kurven und engen Kehren nicht aus der Spur bringen. Das konnte er im Test sowohl auf Asphalt als auch auf Schotter eindrucksvoll unter Beweis stellen.

INNENRAUM KONZENTRIERT SICH AUF DAS WESENTLICHE

Nach dem Einsteigen fand ich in dem Sportsitz mit gutem Seitenhalt gleich eine angenehme Sitzposition. Die Einstellung auf die tiefste Position passte für meine Körpergröße von 178 Zentimetern optimal. Die mit Alcantara bezogene Sitz- und Rückenfläche empfand ich auch bei Außentemperaturen jenseits der 30-Grad-Marke als angenehm. Rote Kontrastnähte sorgen für die sportliche Optik. Vor mir fand ich alles am richtigen Platz: die zwei klassischen Rundinstrumente mit dazwischenliegender Digitalanzeige und das griffige GR-Lederlenkrad mit zahlreichen Funktionstasten. Das mittig am Armaturenbrett angebrachte und relativ massiv bauende Display passte für mich nicht so ganz zum sportlichen Style – hier hätten ein paar kleine Rundinstrumente besser gepasst. Aber ganz ohne Multimediasystem geht es in unserem digitalen Zeitalter halt nicht mehr. Dass dieses im GR Yaris über kein Navi verfügt, überraschte mich ein wenig. Abhilfe schaffte aber Apple CarPlay, mit dem ich mein iPhone über Kabel mit dem Fahrzeug verbinden konnte. Android Auto funktioniert übrigens auch. Ablageflächen sind im beschränkten Maße vorhanden, eine induktive Lademöglichkeit für das Smartphone wird nicht angeboten.

EINGESCHRÄNKTE ALLTAGSTAUGLICHKEIT

Der Zugang zur hinteren Sitzreihe verlangt bei dem Dreitürer eine gewisse Gelenkigkeit der Mitfahrenden. Nach dem Einsteigen sind die vorderen Sitze jedes Mal wieder neu einzustellen, da sie nicht von selbst in ihre Ausgangposition zurückfinden. Hinten sind die Platzverhältnisse durch die abgesenkte Dachlinie in der Höhe ziemlich eingeschränkt. Aufrechtes Sitzen ist für Erwachsene meiner Größe nicht möglich, da man mit dem Kopf am Dachhimmel anstößt. Zur optimalen Gewichtsverteilung wurde die Batterie unter dem Kofferraumboden eingebaut. Daher fällt das Kofferraumvolumen mit 174 Litern um einiges kleiner als bei Standard-Yaris aus. Das Fahrwerk ist naturgemäß brettlhart und verlangt den Bandscheiben auf längeren Fahrten einiges ab. Diese Nachteile im Alltag beweisen einmal mehr, dass beim GR Yaris wirklich alles auf Performance ausgerichtet wurde, ohne dabei irgendwelche Kompromisse einzugehen.

ARMINS CONCLUSIO

Spaß, Action, Adrenalin sind die Werte, für die der Toyota GR Yaris steht. Nicht zu übersehen sind natürlich auch der reinrassige Sportwagencharakter und seine Rallye-Gene. Diese sind ab dem ersten gefahrenen Meter spürbar. Das wahre Potential des GR Yaris konnte ich im öffentlichen Straßenverkehr jedoch nur ansatzweise auszuloten. Dazu hätte ich mich schon auf ein Fahrsicherheitsgelände oder eine Rennstrecke gegeben müssen. Dem Sicherheitsgedanken von Toyota folgend, verfügt das Fahrzeug trotz puristischer Sportlichkeit über alle gängigen Assistenzsysteme.

Bei ambitionierter Fahrweise gönnte sich der GR Yaris rund zehn Liter Super auf 100 Kilometern. Im Gegensatz dazu schaffte ich bei behutsamer Fahrweise unter acht Liter. Der Durchschnittsverbrauch über die gesamte Testdauer mit knapp 1.300 Testkilometern lag bei 8,6 Litern und ist damit für ein Fahrzeug dieser Leistungsklasse angemessen.

Der Preis des Toyota GR Yaris startet oder besser gesagt startete in Östereich bei 43.190 Euro. Die von mir getestete und unbedingt zu empfehlende High-Performance-Variante mit Vollausstattung lag inklusive der Premium-Lackierung „Emotional Red“ bei 49.942 Euro. Viel für einen Kleinwagen aber aufgrund der Einzigartigkeit und der Performance ein durchaus gerechtfertigter Preis. Der getestete, auf weltweit 25.000 Stück limitierte, GR Yaris ist derzeit ausverkauft, soll aber laut Auskunft von Toyota Österreich voraussichtlich im Jahr 2024 in einer upgedateten Version wieder verfügbar sein. Für den Rallyesport wird heuer ein auf Basis des GR Yaris entwickeltes Rally2-Auto getestet und weiterentwickelt. Es soll laut Jari-Matti Latvala, dem Teamchef des WRC Toyota Gazoo Racing Teams, Anfang 2024 die Homologation erhalten.

Text und Fotos: Armin Hoyer – arminhoyer.com

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