21. September 2022 Armin Hoyer

Elektrischer Vulkan | Adventure Bike Zero DSR/X am Fuße des Etnas getestet

Armin on Zero DSR/X | Photo: Alberto Cervetti

Castiglione di Sicilia | Italien – Mit der DSR/X wagt sich der Elektromotorrad-Pionier Zero Motorcycles erstmals ernsthaft in das heiß umkämpfte Segment der Reiseenduros. Bei einem ersten Test auf Sizilien hinterließ das Elektromotorrad aus Kalifornien sowohl On- als auch Offroad einen durchaus guten Eindruck…

Mit zahlreichen anderen europäischen Motorradjournalisten wurde ich zur Präsentation und ersten Testfahrt mit der Zero DSR/X nach Sizilien eingeladen. Nach der Landung am Flughafen von Cartania ging es in der abendlichen Rush Hour zum Hotel Il Pìcciolo Etna Golf Resort & SPA in Castiglione di Sicilia. Am Fuße des Ätna präsentierte uns Brian Wismann, CTO von Zero Motorcycles Inc., das neue Adventure Bike.

Bis zu dieser Präsentation gab es von Zero Motorcycles schon längere Zeit keine Neuheiten im Segment der Adventure Bikes. Das zuletzt angebotene, optisch bereits veraltet wirkende Modell DSR Black Forest passte nicht mehr zu den aktuellen Premium-Motorrädern der Marke. Umso mehr beeindruckte mich das Strom-Bike, das jetzt in Sizilien am Fuße des Ätnas vorgestellt wurde. Mit der neu entwickelten Zero DSR/X meinen es die Kalifornier richtig ernst, am heiß umkämpften Markt der Reiseenduros auch gegen die namhafte Verbrenner-Konkurrenz ein Wörtchen mitzureden.

TESTFAHRT AN DEN HÄNGEN DES ÄTNA

Am nächsten Morgen war es dann so weit. Die erste Testfahrt auf der brandneuen DSR/X stand am Programm. Zuerst wurden uns die Motorräder von der Zero-Crew erklärt und dann ging es los. Gleich nach dem ersten Draufsetzen fühlte ich mich wohl und gut in das Motorrad integriert. Die aufrechte, leicht nach vorne geneigte Sitzposition bietet einen guten Kompromiss zwischen komfortablem Reisen und dynamischen Fahren. Der Antritt und Durchzug des E-Motorrads beeindruckten mich sehr. Die 75 kW (100 PS) Motorleistung und das Drehmoment von 225 Newtonmeter kamen dabei sehr ausgewogen zur Geltung– genau die richtige Kraftentfaltung für ein komfortables, aber dennoch sportliches Reisemotorrad.

Die Teststrecke an den Hängen des Ätnas war von der Zero-Crew dahingehend ausgewählt worden, einen möglichst aussagekräftigen ersten Eindruck von dem neuen Bike zu bekommen. Von langgezogenen Kurven und Geraden bis hin zu engen Spitzkehren war alles dabei. Auch die Straßenverhältnisse wechselten von sehr gutem Asphalt bis hin zu richtig rauem Untergrund. Zum Abschluss war noch eine Offroad-Passage mit einem selektivem Waldstück und Schotterwegen dabei. Das Fahrwerk der DSR/X ließ sich in keiner Situation aus der Ruhe bringen, bügelt nahezu jede Unebenheiten weg und gab mir so ein gutes Gefühl.

Die erstmals in einem Elektromotorrad eingebaute Bosch Motorrad-Stabilitätskontrolle leistete dabei einen wertvollen Beitrag. Offroad beeindruckte mich besonders die sanfte und gut zu dosierende Stromannahme, die vor allem in den langsamen, technisch anspruchsvolleren Abschnitten sehr hilfreich war. Ein eigener Fahrmodus dosiert dabei elektronisch die Kraft des Motors und den Eingriff der elektronischen Helfer.

REICHWEITE NUR BEDINGT REISETAUGLICH

Bei einer Reiseenduro ist die Reichweite ein entscheidender Faktor. Tagesetappen von 400-500 Kilometern gehören zum Alltag eines Motorradreisenden. Diese stellen mit der Zero DSR/X eine gewisse Herausforderung dar – vor allem abseits der Reiserouten, wo die Ladeinfrastruktur noch alles andere als gut ausgebaut ist. Warum ist das so? Auf der 83 Kilometer langen Testrunde mit sieben Offroad-Kilometern verbrauchte mein Testmotorrad 53 Prozent der Akkuladung. Hochgerechnet ergibt das eine Gesamtreichweite von knapp 160 Kilometern. Berücksichtigt man die 1.520 gefahrenen Höhenmeter und die forsche Gangart, erscheint die von Zero angegebene kombinierte Reichweite von 185 Kilometern bei etwas Zurückhaltung als realistisch. An einem durchschnittlichen Reisetag wird man daher zumindest zwei Ladestopps benötigen. Daher ist es ratsam, das zusätzliche Schnelllademodul zu ordern. Dieses halbiert mit einer Ladeleistung von bis zu 12,6 kW die Ladedauer des 17,3-kW-Akkus (15,2 kW netto) von 0-95 Prozent auf rund eine Stunde. Der Listenpreis der Zero DSR/X liegt mit dieser Zusatzausstattung in Österreich vor Abzug von Förderungen bei knapp 30.000 Euro. Für diesen stolzen Preis wird zwar in Hinblick auf Technik und Komfort viel geboten, unterm Strich erhält man aber aufgrund der geringen Reichweite ein nur bedingt reisetaugliches Adventure Bike.

Text und Fotos: Armin Hoyer – arminelectric.com
Fahrfotos mit Armin: Zero Motorcycles und Alberto Cervetti

, , , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert